Erschreckend,
schockierend und gruselig…
Man denkt doch
immer wieder, man lebt in einem modernen und fortschrittlichem Zeitalter, im
Jahre 2013. Eigentlich sollte hier Hexerei und Zauberei lange nicht mehr
aktuell sein, doch hier, in Papua Neuguinea steht das an der Tagesordnung. Fast
jeden Tag hoere ich Geschichten (die leider alle wahr sind) und bekomme
Erzaehlungen mit bei denen Frauen und auch Maenner Opfer von Sanguma
(Hexerei/Zauberei) werden. Meist werden
Frauen hier verurteilt und mit Folter und Mittelalterlichen Methoden zum
sprechen (einem Gestaendnis) gebracht oder einem „Gottesurteil“ unterzogen, wie
es so schoen heisst und auch im Mittelalter in Europa vorkam.
Ich bin mir nicht
sicher, ob das hier im Hochland verbreiteter ist als an der Kueste, wo ich
vorher war, und kann deshalb da auch nur Spekulationen wagen, allerdings wenn
man Leute von der Kueste fragt, bekommt man immer nur ausweichende oder gar
keine Antworten ... und ist das eigentlich nicht Antwort genug?
Ich habe hier
einigen Zugang zu solchen Geschichten und die Menschen im Hochland halten damit
auch nicht so „Hinterm Berg“ wie die Kuestenbewohner und deshalb (und auch
ueber Thomas und Verena) bekomme ich einiges mit. Normalerweise ist das
menschliche Gehirn so programmiert, dass wenn etwas ganz schreckliches
passiert, man es erst mal verdraengt und in den hintersten Winkel seines Hirnes
schiebt, wo man es nur schwer wieder finden kann. Man weis es zwar und hoert
es, hat aber keinen Bezug dazu und denkt alles ist weit weg... wenn man dann
aber Bilder und Videos sieht (was an sich ja schon makaber ist, da Videos und
Bilder zu machen) die Personen vielleicht sogar kennt, ist es vorbei mit der
Verdraengung.
Ich nutze hier
meinen Blog um auch einmal so einen Artikel raufzustellen um vielleicht auch
etwas wachzuruetteln, denn so ging es mir gestern, als ich diese (ein paar sind
unten zu sehen) Bilder gesehen habe. Diese Geschichte war im August letzten
Jahres im Hochland vorgefallen und aus Datenschutzrechtlichen Gruenden werde ich
auch nicht sagen wer es war oder wer die Fotos geschossen hat. Ich war es nicht
und ich war auch nicht live dabei. Wahrscheinlich haette ich das nicht
ausgehalten und ich verstehe auch nicht wie man so einem „Schauspiel“ zuschauen
kann?
Diese Frau auf
den Bildern (unten) wurde des Sanguma verdaechtigt und um ein Gestaendnis zu
bekommen, und um zu beweisen, dass sie
eine Hexerin ist, wurde sie mit kluehenden Eisenstangen verbrannt, mit Messern
geschnitten, oeffentlich nackt aufgehaengt und ist dannach gestorben. Leider
war nicht rauszubekommen ob damit dann bewiesen ist dass sie eine Hexe war oder
nicht. Denn eigentlich dient dieses Schauspeil nur dazu „Rache“ zu ueben und
die betreffende Person zu toeten... Helfen tut hier auch keiner, denn sonst
steht man schneller neben dem Angeklagten als man schaut und wenn man es
dennoch versucht, dann wird man meist ignoriert, verlacht oder verbruegelt? Was
kann man also tun? Verena und auch Thomas versuchen hier (auch in den
Predigten) Aufklaerung zu leisten und ich kann nur hoffen, dass es auf
fruchtbaren Boden faellt. Ich fuer meinen Teil kann hier nicht so viel tun, ich
versuche immer auf den medizinischen Aspekt hinzuweisen, dass Menschen an den
unterschiedlichsten Ursachen sterben koennen und das das nichts mit Hexerei zu
tun hat, was auch bewiesen ist. Aber glauben tut mir keiner.
Ein anderes
Beispiel (erzaehlt von einer Frau aus meiner Kirchengemeinde hier in Goroka,
ihr Gesicht ist zerstoert und ihr Koerper voller Narben (viele davon im
Gesicht), auch Brandwunden sieht man): Anscheinend hatten ihr Mann und sie ein
recht grosses Grundstueck zum Anbau von Gemuese und Obst erwirtschaftet.
Allerdings ist dann - zum leidewesen der Frau - ihr Mann verstorben. Der Glaube
hier (vielleicht auch mit Neid gemischt ... Spekulation von mir!!) konnte dann
keinen anderen Schluss zulassen, als das sie ihren Mann mit Hexerei getoetet
hat um an das Land zu kommen. Es zu erben...
Was dannach
geschah, kann sie immer nur unter Traenen wiedergeben. Sie wurde gefoltert,
geschlagen, verbrannt, geschnitten und dann auch an den Haenden aufgehangt zum
sterben. Aber „leider“ ist das Seil, an dem man sie befestigt hat in der
darauffolgenden Nacht gerissen und sie konnte sich in „Sicherheit“ bringen und
ist ins Gebuesch gerobbt, denn laufen konnte sie nicht mehr.
Naja, auf jeden
Fall hat sie es ueberlebt. Gerade einmal so. Jetzt hat sie sich wieder ueber
die Jahre ein Haus und Land aufgebaut, adoptiert Kinder um ihnen zu helfen,
geht immer in die Kirche und Dankt Gott dafuer das sie noch lebt und hat es
sich zur Aufgabe gemacht die Volunteers und „Weissen“ hier im Land in Goroka
mit Kumu (Gruenzeug zum Essen), Pumpkin, Brokoli oder sonstigem zu versorgen.
Zu Cyhntia und Rudolf hat sie ein tolles Verhaeltnis und auch Philipp und jetzt
auch ich etwas kommen in den Genuss ihrer Fuersorge. Philipp baut jetzt fuer
sie – damit ihr Leben etwas leichter wird – einen Regentank mit
Auffangbehaelter (mit Spenden finanziert), damit sie nicht immer Wasser klauen
oder von sehr weit her tragen muss. Und Regenwasser kann man hier gut trinken
... leider kommt man da nicht dran, wenn man keinen Tank hat der es auffaengt,
aber das aendert sich jetzt hoffentlich bald.
Immer wieder
frage ich mich wie sie es schafft ihr Vertrauen in die Menschen aufrecht zu
halten und so liebevoll und grosszuegig zu sein, wo man ihr doch so viel
Schlechtes und Grausames angetan hat? Das alleine weis wohl nur sie.
Bis zum naechsten
Mal ... dann hoffentlich wieder mit froehlicheren Nachrichten ...
Eure Tanja